NIDDA - Das Niddaer Parlament will die Straßenbeiträge abschaffen. Einen entsprechenden Beschluss fassten die Stadtverordneten vor der Sommerpause, als sie den Magistrat beauftragten, ein Konzept zur Abschaffung und Vorschläge zur Finanzierung vorzulegen. Jetzt hörten sich die Vertreter des Haupt- und Finanzausschusses an, was Kommunalberater Jens Weyer (Oberursel) dazu sagte. Seiner Einschätzung nach gibt es die finanzielle Lage der Stadt nicht her, ab 2020 auf Straßenbeiträge zu verzichten.
Unter den Zuhörern saßen zahlreiche Bürger, vornehmlich aus Ober-Schmitten, die ihrem Unmut teilweise lautstark Luft machten. In dem Niddaer Stadtteil sollen die Bürger deutlich höhere wiederkehrende Beiträge zahlen als die Bewohner anderer Stadtteile. Das führte zur Gründung einer Bürgerinitiative (der Kreis-Anzeiger berichtete). Die BI hat zwischenzeitlich einen offenen Brief an Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) geschrieben. Zudem lud die Initiative Anfang August alle Ortsvorsteher von Nidda ins Bürgerhaus Ober-Schmitten ein.
Unter dem Strich riet Weyer bei der Abschaffung der Straßenbeiträge zur Vorsicht. Das gelte zumindest, sofern nicht Bund oder Land eine Alternativfinanzierung anböten. "Die Investitionsnotwenigkeit in Straßen bleibt bestehen - weniger zu machen, würde nicht funktionieren", sagte er. Alleine schon aufgrund der sich ändernden Verkehrsbedingungen müssten die Fahrbahnen auf den aktuellen Stand gebracht werden. Einer zahle aber immer: Entweder Einzelpersonen, wie im Fall der einmaligen Straßenbeiträge, oder ein eingegrenzter Personenkreis, wie bei der wiederkehrenden Zahlung. Dritte Option sei, dass alle zahlen, beispielsweise über höhere Steuern.
Der Berater gab zu Beginn allgemeine Infos zum Thema Straßenbeiträge weiter, was zu Unmut im Publikum führte. "Wir wissen das alles längst", "Es ist eine Frechheit" und "Das ist für uns völlig uninteressant", riefen einzelne Zuhörer unter anderem. Bürgermeister Hans-Peter Seum (parteilos) wies mehrfach daraufhin hin, dass es sich um eine Ausschusssitzung handele, bei der Weyer die Parlamentarier informiere, wie die Stadt einen Wegfall der Straßenbeiträge kompensieren könne. "Heißt das, wir können gehen, wenn uns das nicht passt?", rief ein Mann erbost.
Weyer beschwichtigte: "Vielleicht ist das, was jetzt kommt, doch für die Bürger interessant." Er warf Zahlen an die Wand. Denn er hatte sich zuvor mit dem Niddaer Haushalt vertraut gemacht, um einzuschätzen, ob die finanzielle Lage der Stadt einen Verzicht auf Straßenbeiträge ab 2020 ermögliche. Seiner Auffassung nach ist das nicht der Fall. Pro Jahr komme es zu einem Einnahmenverlust von circa einer Million Euro, was nach etwa vier bis fünf Jahren die Kommunalaufsicht auf den Plan rufen werde. Denn gemäß der Hessischen Gemeindeordnung sei die Kommune verpflichtet, ausgeglichene Haushalte aufzustellen. "Auch wenn man als Grundstückseigentümer sicher jubeln würde, wenn keine Straßenbeiträge erhoben werden, muss man sich als Parlamentarier doch fragen, ob es aus politischer Sicht Sinn macht", gab er zu bedenken.
Er ging verschiedene Möglichkeiten durch, das Ganze anderweitig zu finanzieren. Wer auf Fördermittel des Landes hoffe oder diese fordere, dürfe nicht vergessen: Das sei ein zweischneidiges Schwert. Denn Gelder, die das Land über Fördertöpfe verteile, ziehe es beim Kommunalen Finanzausgleich wieder ab. Erhöhe die Stadt die Steuern, wobei sich für Nidda vor allem die Grundsteuer anbiete, sänken aufgrund des höheren Steueraufkommens die Schlüsselzuwendungen, gleichzeitig steige die Kreis- und Schulumlage. Auch Kredite seien mit Vorsicht zu genießen, da sie die nachfolgenden Generationen belasteten. Und der mögliche Zufluss von Geld, das aufgrund der Änderung des Länderfinanzausgleichs und des auslaufenden Solidarpaktes frei werde, sei weder kurz- noch langfristig sicher.
Der Anmerkung von Sozialdemokrat Stefan Knoche, wonach die Stadt jährlich 55 000 Euro für Personal spare, wenn sie die Straßenbeiträge nicht mehr abrechnen müsse, entgegnete Weyer wie folgt: "Es wird ja niemand extra wegen der Straßenbeiträge eingestellt, die Mitarbeiter sind nach wie vor trotzdem da. Sie kümmern sich dann eben um andere Aufgaben." Zu einer Ersparnis komme es nicht.
Die wiederkehrenden Beiträge für alle Stadtteile auf gleiche Höhe zu bringen, soll aus rechtlichen Gründen nicht machbar sein.

Quelle: Kreis-Anzeiger vom 15.8.2019

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